Franz-Jupp wird 80 und der Fußballverband Rheinland gratuliert. Er ist dem Jubilar auf ewig dankbar für seine Vorbildfunktion als Schiedsrichter.
Schiedsrichterlehrwart
Franz-Jupp Schwalbach
Einführung in den Schiedsrichter-Grundkurs
Nun, da ihr Euch entschlossen habt, das zivile Leben zu verlassen und die stolze Uniform des Schiedsrichters zu tragen, ist es notwendig, dass ihr auch das entsprechende seelische Rüstzeug für den Kampf mit dem Erzfeind namens Fußballer mitbringt.
Ich empfehle euch, auf gar keinen Fall vorzeitig zu einem Spiel zu erscheinen. Kommt nach Möglichkeit frühestens fünf Minuten vor Spielbeginn. Noch besser ist es, wenn ihr leicht zu spät kommt. So gebt ihr euren Gegnern Gelegenheit, über das wahre Kräfteverhältnis zwischen Schiedsrichter einerseits und Zuschauern und Spielern andererseits nachzudenken. Bedenkt, dass die sadistischen, schimpfenden, nörgelnden Flegel, die sich arrogant über das Sportplatzgelände verteilt haben, nichts anderes als Häufchen Elend sind, die unfähig sind, ein Fußballspiel alleine zu Ende zu bringen.
Wenn ihr diese Grundeinstellung verinnerlicht habt, wird es euch leichtfallen, diesen Typen so gegenüberzutreten, wie sie es verdienen – nämlich mit abgrundtiefer Verachtung.
Anfänger machen leicht den Fehler, sich von Regelwerken verwirren zu lassen. Das führt nur dazu, dass eure Entscheidungen als konfus beurteilt werden.
Merke: Grau ist alle Theorie. Lasst Eurer Phantasie freien Lauf. Nur diese Vorgehensweise verbürgt Erfolg im Sinne des Leitspruchs der Schiedsrichtervereinigung:
„Viel Feind, viel Ehr“.
Es hat sich bewährt, den Spielern sofort zu zeigen, dass sie euch auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.
Regel Nr. 1 lautet daher: KOMMEN LASSEN!
Vergesst diese Regel nie. Es ist schon schlimm genug, dass ihr vor Spielbeginn den Weg vom Spielfeldrand zum Anstoßpunkt im Laufschritt zurücklegen müsst. Im Regelfall habt ihr euch hier schon übernommen.
Der Kreis an der Mittellinie ist jetzt euer Reich. Da diese Fläche meist der höchste Punkt des Platzes ist, habt ihr von dort die beste Spielübersicht. Wenn ihr etwas von einem Spieler wollt – beispielsweise die Uhrzeit, weil ihr wieder einmal eure Uhr vergessen habt –, dann lasst ihn antanzen. Wenn er euch eine Uhrzeit nennt, die nicht in eure Tagesplanung passt, verwarnt ihn wegen Unsportlichkeit.
Es gibt nur eine Situation, die euch zum Verlassen eures Feldherrnhügels veranlassen kann: Der Elfmeter.
Ein Grundpfeiler eurer Macht. Verteilt Elfmeter nie im Zusammenhang mit dem Spielverlauf. Das würde nur dazu führen, dass ihr von Zuschauern und Spielern für einen tumben Tor gehalten werdet, der zu keiner kreativen Entscheidung fähig ist.
Merkt euch: Pflanzt von Anfang an Angst und Unsicherheit in das Herz des Spielers, und er wird bis zum Ende des Spiels still und gefügig sein.
Habt ihr es mit hartnäckigen Gegnern zu tun, könnt ihr euren zweiten Trumpf ausspielen. Die Karte.
Hierbei ist zu bedenken, dass Gelb immer nur eine Vorstufe ist. Notiert Gelbsünder nie, tut nur so. Das gibt euch die Möglichkeit zu weiteren überraschenden, aber dennoch durchdachten Entscheidungen.
Beispiel: Wenn ihr den Spieler mit der Nummer 2 mit einer gelben Karte bedenkt und nun die Nummer 7 meckert, könnt ihr jetzt durchaus die Nummer 9 (2 + 7) vom Platz stellen. Auch Subtraktionen sind möglich. Von Multiplizieren oder Dividieren ist wegen der zu erwartenden hohen Fehlerquote abzusehen.
Zugegebenermaßen erfordert eine solche Maßnahme eine gewisse intellektuelle Regsamkeit. Ihr könnt das Problem eingrenzen, indem ihr vor Spielbeginn nur Rückennummern bis 13 zulasst. Solltet ihr dennoch Probleme haben, beschränkt euch bei der Spielbeobachtung auf die Ziffern 1 bis 9.
Noch ein Tipp:
Es macht immer wieder viel Spaß und bringt Aufregung, Spieler der einen Mannschaft für Fehler von Spielern der anderen Mannschaft zu bestrafen.
Sollte ein Schiedsrichterbeobachter anwesend sein, verweist ihr einen oder mehrere Zuschauer vom Sportgelände. Das hinterlässt beim Beobachter den Eindruck, es mit einem willensstarken und entscheidungsfreudigen Kollegen zu tun zu haben.
Mit der richtigen Taktik könnt ihr die arroganten Bestien innerhalb von nur einer halben Stunde zu armseligen Häufchen Wackelpudding machen. Ihr könnt jetzt in die Offensive gehen und Spieler beider Mannschaften sowie Zuschauer beschimpfen. Eine Platzsperre riskiert so leicht kein Verein.
Dies zur Einführung.
In unserer nächsten Lehrstunde befassen wir uns mit dem wichtigsten Punkt der Schiedsrichterausbildung:
Wie kleide ich mich schick und teuer und wie bekomme ich meinen Verein dazu, diese Kleidung zu bezahlen?
Wir haben eine Modenschau arrangiert. Bekannte Sportausrüster stehen euch dabei beratend zur Seite.
Weidmannsheil!
Euer Franz-Jupp Schwalbach